Ich habe großen Respekt vor Menschen, die akut in einer Krebstherapie sind, deren Lebensprognose miserabel ist und die sich trotzdem oder erst recht engagieren.
Die meisten Menschen in solch einer Situation ziehen sich zurück, versinken in Trauer oder halten es für ein Tabu über sich und ihre Krankheit in irgendeiner Form zu kommunizieren.
Vanessa zeigt stellvertretend Gesicht und möchte anderen in Ihrer Lebensphase Mut und Kraft geben. Sie ist die Person, die mich im Moment sehr beeindruckt.
Sie steht mitten im Leben, war beruflich und familiär gut eingebunden und hat vor etwa zwei Jahren die Diagnose Dottersackkrebs bekommen. Eine Erkrankung, die eigentlich gut heilbar ist. Leider aber eben nur „eigentlich“. Die bisherige Therapie hat ihr nicht geholfen und wie lange ihr noch bleibt, wissen die Götter.
Einblicke in den Verlauf ihrer Therapien gibt sie für alle offen im Internet seit Mitte letzten Jahres. Mehr möchte ich über ihre Krankheit nicht schreiben. Letzte Woche war ein Artikel über Vanessa in der Rhein-Neckar-Zeitung, diese Woche einer im Mannheimer Morgen.
Aktuell nutzt Vanessa die verbleibende Zeit für ein Foto-Kalenderprojekt mit dem Titel „Krebs hat ein Gesicht“. Sie hat verschiedenen Fotografinnen und Fotografen und einen Sponsor gefunden, die mit ihr den Kalender mit Leben füllen und ihn auf den Weg bringen.
„Ich stehe für alle, die vielleicht traurig, ohne Hoffnung oder mutlos sind. Ich will Krebs ein Gesicht geben!!! Wir sind wandelbar, haben viele Seiten und die gilt es zu entdecken und zu zeigen. Deswegen habe ich das Projekt KREBS HAT EIN GESICHT ins Leben gerufen.“
Vanessa möchte all denen Mut machen und Kraft geben, die nicht so wie sie aus sich heraus gehen können oder wollen. Außerdem gehen die Kalenderverkäufe zu 100 % ihre Patenschaft-Initiative am NCT Heidelberg ein.
Den Bedarf eines Patenprogramms für Menschen, die gerade ihre Diagnose bekommen haben und aktuell in Therapie sind, kann ich mir gut vorstellen.
Ich war selbst lange Zeit als Mentor auf der Kinderkrebsstation in Heidelberg tätig. Meine Stunden auf Station haben mir gezeigt, wie wichtig diese ehrenamtliche Arbeit für Menschen ist, die im Moment in einer schier ausweglosen Situation sind. Ich hätte mir zu meiner Zeit auf Station auch jemanden an meiner Seite gewünscht, der oder die das Gleiche durchgemacht hat.
Mindestens genauso wichtig ist das für die Angehörigen, die in Person mit jemandem sprechen können, der DAS überlebt hat und heute „normal“ lebt.
Dieser Person können sie Fragen stellen, die sie dem Fachpersonal oder Freunden nicht stellen können. Mentorin oder Patin ist eine Person ähnlich einer Freundin, einem Freund mit dem nötigen Erfahrungsschatz.
Optimalerweise hat die Mentorin eine ähnliche Erkrankung und Therapie überstanden und eine Ausbildung in diesem Bereich gemacht. Ich halte dies für notwendig. Denn gerade auf Station kann der Mentor unbearbeiteten Themen und Situationen begegnen, die ihn ruckzuck gefühlsmäßig in die eigene Vergangenheit zurückholen. Das Projekt Patienten-helfen-Patienten der Deutschen Kinderkrebsstiftung könnte hier Vorlage für die Großen sein.
Beim Schreiben des Textes kam mir die Idee mich mit Vanessa zusammensetzen, ihr Projekt und sie persönlich kennenzulernen. Ich finde den Kontaktaufbau schwierig und spannend zugleich. Zum einen möchte ich mit meiner Anfrage nicht irritieren oder übergriffig sein. Zum anderen könnte ich vielleicht wirklich etwas bewegen und Menschen für sie aktivieren. Allein schon wenn ich an die Spendenkraft des #teamschnipsflausch denke. Mal sehen…